Das heimliche Wappentier von Mellenthin
Das Wappen von Mecklenburg-Vorpommern zieren ein Stier und ein Greif. So auch in Mellenthin auf Usedom. Doch das heimliche Wappentier ist ein anderes.
Landeswappen Mecklenburg-Vorpommern
Wer schon einmal in Mecklenburg-Vorpommern war, kennt sie bestimmt: die rot-weiße Fahne mit dem schwarzen Stierkopf und dem roten Greif. Sie ist das Landeswappen, also genau genommen ihre abgespeckte Version. Der Stier, ursprünglich wohl der Kopf eines Auerochsen, steht für Mecklenburg, der Greif für Vorpommern. Im großen Landeswappen gibt es zusätzlich noch einen roten Adler und einen weiteren Stierkopf. Der Adler steht dabei für Brandenburg. So weit, so gut. Wenn ich allerdings im Frühsommer im Wasserschloss Mellenthin im Schlosshof sitze, geht mein Blick oft eher vorbei an der Fahne mit rotem Greif und schwarzem Stierkopf. Gebannt und amüsiert schaue ich hoch zu dem heimlichen Star des Ortes, der weder ein Fabelwesen aus Adler und Löwe noch ein zähnefletschender Stier ist. Es ist ein Storch, der hier jedes Jahr im Frühling auf dem Dach des Speichers sein Nest bezieht. Einer jener Vögel, die hier in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg ihren Schwerpunkt haben. Der würde sich gut machen im Wappen, finde ich.
Mellenthins treuer Storch
Der Storch auf dem Dach des Speichers direkt neben dem Wasserschloss Mellenthin ist ein treuer Geselle. Jedes Jahr kommt er wieder und bezieht sein Nest. Er wird von allen immer freudig erwartet. Bei Dachreparaturen und Instandsetzungsarbeiten rückt jedes Mal die Freiwillige Feuerwehr an und hebt das Nest behutsam ab. Nach Beendigung der Arbeiten platziert sie es wieder sorgfältig an Ort und Stelle. Natürlich sind Reparaturen nur in dem Zeitraum erlaubt, wenn Frau und Herr Adebar sowieso im Ausland weilen, weil es ihnen hier im Winter zu kalt ist.
Ob es sich immer um den gleichen Storch handelt, weiß keiner so genau. Vermutlich nicht. Störche werden durchschnittlich nur acht Jahre alt. Das Nest hingegen steht schon gefühlt seit ewigen Zeiten auf der Spitze des Gebäudes. Vielleicht ist der Mellenthiner Storch aber auch eine Ausnahme. Manche von ihnen können immerhin über 30 Jahre alt werden.
Der Storch als Untermieter vom Wasserschloss Mellenthin
Inzwischen ist der Storch sozusagen Untermieter des Wasserschlosses Mellenthin. Wie auch schon in früheren Zeiten, als das Haus dem damaligen Schlossherrn als Wirtschaftsgebäude diente, wird es jetzt ebenfalls wieder in den Schlossbetrieb integriert. Momentan befindet es sich im Umbau zu einer Hotel-Dependance, in der unter dem Namen Speicher zusätzliche Zimmer im Landhausstil für die Gäste des Wasserschlosses Mellenthin angeboten werden. Von den oberen Balkonzimmern zur Gartenseite hinaus hat man einen prima Blick auf das Storchennest und den putzigen Untermieter mit dem roten Schnabel. Doch auch vom Schlosshof aus kann man sein reges Treiben ganz entspannt bei frisch gezapftem Mellenthiner oder leckerem Essen beobachten. Oft kommt Herr Adebar auch nachmittags angeflogen und macht es sich auf dem Schlossdach gemütlich, so als wolle er auch mal ein Feierabend-Bierchen zischen.
Zur Freude aller Frühstücksgäste sucht er zudem brav fast jeden Morgen auf den Wiesen rund ums Schloss nach Nahrung und stakst dabei etwas ungelenk durchs feuchte Gras. So startet man gleich mit besonders guter Laune, einem frisch gebrühten Kaffee aus der Mellenthiner Kaffeerösterei und einem knusprigen Brötchen in den Urlaubstag.