Früher Start in die Heringssaison
Kaum sind die ersten Schwärme gesichtet, freut sich ganz Usedom auf die traditionellen Heringswochen. Am 7. März startet die Hommage an den kleinen Leckerbissen.
Der Hering kommt jedes Jahr früher
Noch früher als im letzten Jahr ist der Hering nun auf Usedom zurück. Bereits Anfang Februar zogen die ersten Schwärme vor die Küste Mecklenburg-Vorpommerns. Mit 5 Grad ist die derzeitige Wassertemperatur zwar noch etwas kühl für den silbernen Schwarmfisch. Doch durch die milden Wintertemperaturen haben sich Ostsee und Achterwasser insgesamt nicht sonderlich stark abgekühlt. So zieht es den Hering jetzt schon in die vertrauten Gewässer, um dann ab einer Temperatur von 7 Grad zu laichen. Dafür sucht er besonders jene Bereiche an der Küste auf, die seinen Larven gute Bedingungen bieten. Schutz und Nahrung für den Schlupf sind dabei von großer Bedeutung. Auch die Wassertemperatur sollte einen bestimmten Wert nicht überschreiten. Sonst fliehen die empfindlichen Schwarmfische wieder in kältere Gewässer. Denn höhere Temperaturen verkürzen die Entwicklung der Larve, zu kühle hingegen das Leben des Schlupfs.
Der frühe Hering – Vorteil und Nachteil
So sehr sich Angler und Gastronomen auch über die frühe Ankunft des Herings freuen, umso größer ist ihre Sorge um das liebevoll „Silber des Meeres“ genannte Fischvorkommen. Denn die Heringe kommen früher, weil sie vor der ständigen Erwärmung der Meere fliehen. Sie ziehen sich immer weiter gen Norden zurück und verändern ihre Lebensgewohnheiten. Dazu gehört auch, dass sie irgendwann einmal die flachen Wasser der Ostsee meiden könnten. Denn diese erwärmt sich schneller als die tieferen Meere. Eine Folge wäre, dass der Hering seine Zugrouten ändert und sein Heil in der Flucht Richtung Skandinavien sucht. Bereits jetzt ist sein Bestand in Mecklenburg-Vorpommern geringer als noch vor einigen Jahren. Und das gerade in einer Region, in der er von jeher der Brotfisch der Küstenbewohner war.
Vom Brotfisch zur Delikatesse
Früher sicherten die Heringsbestände vor den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns das Überleben vieler Menschen. Auch für die früher bitterarmen Usedomer war der silberne Schwarmfisch so etwas wie eine Überlebensgarantie. Durch Konservierung in Salz half er ihnen auch durch strenge Winter und landesweite Hungersnöte. Zum Kult wurde der Hering auf Usedom durch den Deutschen Kaiser Wilhelm II. Er liebte ihn so sehr, dass er sogar einen Badeort nach ihm benannte. Seit dieser Zeit hat der äußerst gesunde Fisch in ganz Norddeutschland Tradition. Das machen sich auch viele Köche auf Usedom zunutze. In den jährlichen Heringswochen überbieten sie sich gegenseitig beim Erfinden immer neuer Zubereitungsarten und Kreationen.
Usedomer Heringswochen 2020
Auch in diesem Jahr nehmen wieder 19 Gastronomie-Betriebe an den 23. Usedomer Heringswochen teil. Vom 7. März bis 4. April 2020 braten, kochen, dünsten und verarbeiten die Chefköche der teilnehmenden Hotels und Restaurants das Silber des Meeres zu ausgefallenen Werken. Wer es eher bodenständig mag, kommt natürlich auch auf seine Kosten. Das Wasserschloss Mellenthin beispielsweise bietet seinen Gästen den Hering ganz ohne Wettbewerb und Schnickschnack als klassisches Edelmatjesfilet, serviert mit Apfel-Zwiebelsalat sowie knusprigen Bratkartoffeln. Diese traditionelle Zubereitung trifft genau den Geschmack der Gäste. Am Frühstücksbuffet warten jeden morgen zudem deftige Heringssalate auf ihre Liebhaber. Denn wie schon Kaiser Wilhelm lieben die Deutschen ihren Hering ganz klassisch: als Matjes, gern auch mit Hausfrauensoße, oder als Heringssalat. Manchmal ist weniger eben einfach mehr.