Der Tag geht, der Maibock kommt
Ein lauer Sommerabend im Wasserschloss Mellenthin ist ein ganz besonderes Erlebnis. Die Gäste sind tiefenentspannt und das Bier noch leckerer als sonst.
Wenn die Tagestouristen fort sind
Als Junge verbrachte ich die Sommerferien mit meinen Eltern oft an der italienischen Adria. Ich habe dort sogar Schwimmen gelernt. Als ich größer war, unternahmen wir auch Tagesausflüge ins nahe Venedig. Ich war hin und weg. Meine Begeisterung für die Stadt wurde sogar noch gesteigert, als ich mit meiner Frau dort einmal für drei Tage blieb. Zwar kostete dieser Mini-Urlaub soviel wie zwei Wochen Badeurlaub an der Adria, aber das war es uns wert. Venedig versprüht nämlich einen ganz besonderen Charme, wenn der letzte Ausflugsdampfer abgelegt hat. Dann gehört die Stadt den Einheimischen und den – zugegeben – immer noch zahlreichen Übernachtungsgästen. Aber die Stimmung ändert sich deutlich, wenn die Sonne untergeht. Dann versprüht Venedig einen fast schon magischen Zauber.
Ein Abend im Wasserschloss Mellenthin
Natürlich lässt sich kaum eine andere Stadt mit Venedig vergleichen. Erst recht kein Örtchen in Mecklenburg-Vorpommern, sollte man meinen. Das mag wohl stimmen. Dennoch, dieses ganz besondere Gefühl von damals haben wir auch im Wasserschloss Mellenthin wieder erlebt. Gerade an einem lauschigen (Vor-) Sommerabend, wenn der letzte Bus mit Tagestouristen abgefahren ist und das Wasserschloss nur noch von Hotelgästen „belagert“ wird, passiert etwas Wunderbares. Stille hält Einzug und senkt sich wie eine warme Decke über die Gäste, die den Abend mit einem Glas Bier oder Wein im Strandkorb ausklingen lassen. Freche Spatzen trauen sich bis an die Tische heran. Sie suchen nach Kekskrümeln oder einem winzigen Stückchen leckeren Kuchen. Grillen beginnen von irgendwo her zu zirpen. Der Storch von gegenüber gibt sich ein Stelldichein und putzt auf dem First des Hotelflügels sein Gefieder. Aus den Strandkörben dringen leise Gespräche. Die Feuerstelle auf dem Schlosshof spendet schwaches Licht, umrahmt von all den warm leuchtenden Kerzen auf den Tischen. Es ist zwar schon fast 22 Uhr und bereits recht frisch, doch noch will offensichtlich niemand auf sein Zimmer gehen. Stattdessen wickeln sich die stillen Genießer rote Fleecedecken um die Beine. Freundliche Bedienungen fragen nach Getränkewünschen. Einer tiefen Erinnerung an Venedig folgend, wollen wir schon einen trockenen Weißwein ordern. Doch dann fällt uns ein, dass das Wasserschloss natürlich über eine exzellente Brauerei verfügt. Dann fallen unsere Blicke auf die Biere auf den anderen Tischen. Manche schimmern hellgelb, anderen funkeln im Schein der Kerzen wie Bernstein. Unsere Wahl ist getroffen.
Leckere Bier-Vielfalt im Wasserschloss Mellenthin
Seit Oktober 2011 wird in der Brauerei des Wasserschlosses Mellenthin Bier gebraut. Ganzjährig werden Mellenthiner Hell und Mellenthiner Dunkel ausgeschenkt. Hinzu kommen, je nach Lust und Laune des Braumeisters, weitere Sorten wie Mellenthiner Weizen, Bock, Eisbock, Rauch, Schwarz und Alt. Die Kreativität des Braumeisters scheint dabei keine Grenzen zu kennen. Denn wir haben auch schon Hanfbier und Kaffeebier kennengelernt. Letzteres passt als eines der wenigen Biere auch ganz ausgezeichnet zu Kuchen, besonders zur Mohntorte aus der Schloss-Konditorei. Sehr zu empfehlen. Bei den Bieren ist unser Favorit im Frühling aber das Baltic Lights. Es schmeckt leicht und überrascht mit einem erfrischenden Zitrusaroma. Doch heute fällt die Wahl doppelt schwer, denn als Saisonbier ist aktuell auch das Maibock im Angebot.
Frühlingszeit ist Maibockzeit
Meine Grundausbildung bei der Bundeswehr leistete ich im niedersächsischen Northeim ab, was nur ein paar Kilometer von Einbeck entfernt liegt. Wie viele Bierkenner wissen, wurde in Einbeck das Bockbier erfunden. Bei Bockbieren handelt es sich prinzipiell um Starkbiere, die heute vor allem in Bayern sehr beliebt sind und traditionell zu unterschiedlichen Jahreszeiten getrunken werden. So gibt es Weihnachtbockbiere, Winterbockbiere, sogar Fastenbockbiere und eben auch Frühlings- oder Maiböcke. Für viele Bierliebhaber ist Frühlingszeit auch Maibock-Zeit. Als typisches Bockbier zeichnet sich auch der Maibock durch einen höheren Alkoholgehalt aus als ein Helles oder Pils. So enthält ein Maibock meist mehr als sechs Volumenprozent Alkohol und eine entsprechend hohe Stammwürze. Das macht ihn süß und süffig, weswegen er aber auch mit Vorsicht genossen werden sollte.
Aber wir haben es ja nicht weit. Von unserem Strandkorb auf dem Innenhof zu unserem Zimmer sind es kaum dreißig Meter. Das sollte doch auch nach einem Maibock noch zu bewältigen sein ...
Nun, es wurde eins mehr. Das lag zum einen an dem herrlichen Frühsommerabend. Zum anderen aber auch an dem leckeren Bier. Als Hobby-Brauer würde ich das Mellenthiner Maibock ungefähr so beschreiben: Im Antrunk süßlich und malzig. Dann etwas herb mit dezentem Hopfen. Die Süße verliert sich im Mittelteil, kommt aber zum Ende mit Karamell zurück. Süffig, echt lecker, prima! Wer sagt eigentlich, dass nur die Bayern oder Einbecker etwas von Bockbier verstehen?
Der Tag geht, der Maibock kommt